Landeszeitung Lüneburg, 5. Dezember 2003

 

Die irritierende Sicht

Astrid André stellt Malerei aus 20 Jahren im Oberverwaltungsgericht aus

Die deutsche Sprache bietet, das ist das Schöne an ihr, viele Adjektive an, um etwas näher zu beschreiben. Da ist die Malerei von Astrid André: Von "kritischem, überhöhtem und magischem Realismus" sei bisher schon die Rede gewesen, so Dr. Herwig van Nieuwland. Der Präsident des Lüneburger Oberverwaltungsgerichtes eröffnete als Gastgeber eine Ausstellung der Künstlerin, die seit rund einem Jahr in Lüneburg lebt und arbeitet.

 

Welcher Realismus nun der Richtige sei - da mochte sich auch Dr. Eckhard Michael, Leiter des Fürstentum-Museums, auf der Vernissage nicht festlegen. Sicher ist: Astrid André war in Düsseldorf Meisterschülerin von Konrad Klapheck, ließ sich von dessen kühl-distanzierter Scharfsicht auf die wichtigen Strukturen des Gesehenen beeinflussen.

 

Die bis 12. Januar geöffnete OVG-Ausstellung schlägt einen großen, mehr als 20 Jahre umspannenden Bogen. Am Anfang steht Düsseldorf: Ansichten von Architekturen, von menschenleeren Straßen und Plätzen, von stillen Busstationen und Bahnhöfen, die als Stätten der Ankunft oder des Aufbruchs gedeutet werden mögen. Aufgeräumt und analytisch ausgeleuchtet wirken auch Bilder von Italiens Kunterbunt-Städtchen Burano und den Hügeln der Toskana, nicht zuletzt von der tiefblauen Weite des Meeres: Immer sind irritierende Elemente eingearbeitet, diese Methode kann die Perspektive betreffen, die Oberflächen, das Spiel von Licht und Schatten, oder generell den Zusammenklang von Farbe und Form.

 

Im Kern geht es wohl um das Wesen der Malerei: Wichtiges herausarbeiten, Unwesentliches weglassen, Eindrücke überhöhen. Ganz dicht heran geht Astrid André an die Stadt Lüneburg: präzise ausformulierte Giebel im Großformat, so eng angeschnitten, dass sie rätselhaft werden. Wo steht bloß dieses, wo jenes Haus ? "Ich möchte die Sicht öffnen für das Alltägliche", sagt Astrid André. Nur so viel wird verraten: Die Gebäude stehen alle nah am Atelier der Malerin, das wiederum im Haus des Johannis-Kantors eingerichtet ist.

 

Die Ausstellung (Uelzener Straße 40) ist montags bis donnerstags 9-15.30 Uhr, freitags bis 14 Uhr zu sehen.